Darf man behinderte Menschen kritisieren?

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Vorgelassen werden bei langen Schlangen, Bevorzugungen auf dem Arbeitsmarkt und Steuererleichterungen in Deutschland – Alles Dinge, die Menschen mit einem Handicap kennen und gerne nutzen. Dennoch tun viele Leute mit Behinderung so, als hätten sie nur ein Stückchen vom Kuchen bekommen und andere eine ganze Torte. Viele von unserer Spezies können unausstehlich sein und total uneinsichtig, trotzdem werden wir kaum darauf aufmerksam gemacht.

Doch wie weit darf ein Mensch mit Behinderung gehen, um von anderen „normalen“ Menschen kritisieren bzw. belehrt zu werden?

Zugegeben, ich habe oft in meiner Vergangenheit den Bogen bewusst überspannt, um endlich zu sehen, wo andere Menschen ihre Grenzen haben. Doch es gab keine. Ich habe mich einmal offensichtlich unter einem Nichtraucher Schild am Bahnhof hingestellt und meine Zigarette angemacht. Obwohl zehn Meter vor mir zwei Polizisten standen, genoss ich jeden einzelnen Zug, ohne gestört zu werden. Als wäre das noch nicht provokant genug, habe ich dann noch gewunken.

Mir war nie bewusst, wie viel Narrenfreiheit ich habe, da ich zu sehr damit beschäftigt war „gleichberechtigt“ behandelt zu werden. Es gibt für mich keinen schöneren Zeitvertreib, als über kontroverse Themen zu schreiben und dementsprechend auch mit anderen Menschen zu diskutieren. Natürlich alles auf einer sachlichen Ebene. Wofür ich aber kein Verständnis habe, sind Leute, die meinen, dass man mit einem gehandicapten Menschen nicht hart ins Gericht gehen kann.

„Sie haben es ja ohnehin nicht einfach“, denken viele Menschen!

Wenn ich im Netz über politische, religiöse oder gesellschaftskritische Themen schreibe, stoße ich immer wieder auf Personen, die plötzlich anders mit mir über diese Themen sprechen, nur weil sie heraus gefunden haben, dass ich eine Rollstuhlfahrerin bin. Als hätte meine Behinderung Einfluss auf meine Argumentationen. Aufgrund dieser minderbemittelten Leuten, habe ich meinen Blog, in dem ich gerne über alles schreiben würde, bewusst getrennt und einen anderen zusätzlichen erstellt. Es muss nur ein Idiot her kommen und sagen „Hey Leute, die Frau ist behindert, so könnt ihr nicht mit ihr reden.“ Und dann geht es schon los: „Ach das tut mir aber leid. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich all das nicht gesagt. Als Rollstuhlfahrerin ist es verständlich, dass du das anders siehst. …bla bla bla…“ Das ist immer wieder ein Todschlagargument für so viele Leute, um keine Meinung mehr vertreten zu wollen. Manchmal stelle ich mir dann so kranke Fragen wie, „Was wäre, wenn Hitler oder solche Terroristen, wie die ISIS behindert wären?“ Wären all ihre Verbrechen an die Menschheit dann verständlicher? Würde man dann auch darüber hinweg sehen, da man als Behinderter generell (egal, wie intelligent man ist) immer anders wahrgenommen wird.

„Jede Minderheit hat ein Recht auf Diskriminierung.“

Dieses Zitat kommt vom Kabarettist Serdar Somuncu. Ich zitiere ihn immer wieder gerne, da er genau das wiedergibt, was ich immer wieder ausdrücken möchte. Unter „Gleichberechtigung“ muss man auch gleichermaßen die Kritiken an allen Volksgruppen, Religionen und Menschen ausüben dürfen. Für mich ist das auch eine Form der Diskriminierung, wenn mein Diskussionspartner mich plötzlich anders behandelt, nur weil er meint, dass die vier Räder unter meinen Hintern, Auswirkung auf mein kognitives Denkvermögen haben. Zum Schluss möchte ich gerne meinen Nicht-Behinderten Lesern etwas mitgeben. Ja, ihr dürft uns kritisieren oder belehren. Wir können manchmal genauso unausstehlich sein, wie ein spießiger Nachbar oder ein AFD Wähler.

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Eine Antwort

  1. Naja, es wird ja auch diskutiert, ob Hitler eventuell psychisch krank und damit auch behindert war – aber das macht seine Verbrechen sicherlich auch nicht besser – und viele Menschen mit einer tatsächlichen oder vermeintlichen Behinderung wurde ja auch Opfer des NS-Rassewahns….

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