Du musst dich eindeutig positionieren

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Seit ca. drei Jahren schreibe ich nebenberuflich für diverse Magazine bzw. Webseiten. Genau genommen schreibe ich seit dem ich zwölf Jahre alt bin. Aber früher habe ich mich nicht getraut, etwas zu veröffentlichen. Heute sehe ich das ganz anders. Ich schreibe gerne über die verschiedensten Themen, sei es beruflich oder privat. Gut, wenn man das überhaupt Beruf nennen kann. Schließlich kann sich jeder heutzutage Blogger bzw. Journalist nennen. Für diese Kolumne bspw. suche ich mir Themen aus, die irgendwie mit dem Begriff „Handicap“ im engeren oder weitesten Sinne zutun haben.

Es macht mir natürlich Spaß darüber zu schreiben, da so viele Rollstuhlfahrer über das Thema zwar reden bzw. schreiben, aber ständig nur erzählen „wie blöd die anderen Läufer doch sind und das wir es alle so viel schwerer haben.“ Offen gesagt kotzt mich das an. Entschuldigt meine Ausdrucksweise, aber „kotzen“ ist schon schön verpackt. Wie korrupt und skrupellos manche sind, wissen viele nicht. Wie auch? Schließlich ist man zu sehr damit beschäftigt, diese Leute ständig zu bemitleiden oder in den Himmel zu loben. „Das ist so toll, dass Sie trotz Behinderung weiter machen.“ Oder: „Das ist so bemerkenswert, wie offen Sie damit umgehen.“

Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als ob ich genau das Selbe mache, wie diese „rollstuhlfahrenden Blogger“, doch das stimmt nicht. Ja, ich spiele gerne mit gewissen Klischees und womöglich fordere ich sie sogar heraus, aber ich sehe meine Behinderung nicht als Qualifikation, um darüber zu schreiben. Neben meinem Studium habe ich schon viel Geld in meine journalistische Ausbildung investiert und viele Referenzen gesammelt. Doch wenn ich mich dann bei anderen Zeitungen oder Magazinen bewerbe, werde ich oft auf meine Behinderung oder Herkunft reduzieret. Zwar habe ich diverse politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Texte geschrieben, aber kaum jemanden interessiert das. Die Leute wollen, die lustige Rollstuhlfahrerin, die alle Klischees bestätigt. Abgesehen davon, hausiere ich auch nicht mit meiner Behinderung oder Herkunft, um einen Job zu bekommen. Viele andere machen das ja sehr offensichtlich, obwohl sie keinerlei Ausbildung in dieser Branche haben. Sogar mein Redakteur alias der Gründer dieses Magazins meinte mal zu mir: „Arin, du musst dich positionieren.“ Doch das will ich nicht. Ich bin zu vielfältig, zu bunt und zu chaotisch, um mich auf irgendwas zu beschränken. Es gibt nichts interessanteres, als die Kunst, nichts streitbareres, als die Politik und nichts existenzielleres, als die Wirtschaft. Man wird gezwungen sich zu positionieren. „Ist man für die AFD oder dagegen? Veganer oder Fleischesser? iOS oder Android?“

Meine Behinderung sagt nichts über meine Position zu irgendwas aus und schon gar nicht meine Herkunft. Ich liebe es über diverse Themen zu diskutieren und falls das jemandem nicht passt, kann er gerne bei den anderen Fachidioten stöbern, die nicht mal eine richtige Qualifizierung dafür haben und sich nur darum kümmern wie viele Follower und Likes sie für ihre populistische Meinung bekommen. Auch wenn ich ewig für namenlose Webseiten schreiben sollte, bin ich stolz darauf ohne Schwerbehinderten-, Migrations- oder Frauenquote alles alleine geschafft zu haben. Als Mensch mit Behinderung sollte sich keiner wundern, wenn jemand nicht für voll genommen wird, da viele sich ständig einzig und alleine mit ihrer Behinderung identifizieren. Dass ich angefangen habe, mit einer der brotlosesten Kunstform zu arbeiten, hat etwas mit meiner Einschränkung zutun, aber Sie hört nicht damit auf.

Da bald das neue Jahr beginnt und ich neben meinen Neujahrsvorsätzen, wie: Abnehmen, mit dem Rauchen aufhören und allgemein disziplinierter werden, ständig das selbe Ziel verfolge, verrate ich es mal hier an dieser Stelle. In der Zukunft möchte ich nicht nur als „da ist ja die witzige Rollstuhlfahrerin“ wahrgenommen werden, sondern als Arin Jaafar, die Kolumnistin, Autorin, Journalistin und hoffentlich bald Betriebswirtin. Für meine Behinderung, Herkunft oder Geschlecht habe ich keine Ausbildung gemacht, daher sehe ich es auch nicht ein, mich damit zu profilieren.

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